Carlo Heller am 30. September 2008

Woody Sullivan am Binger Sonnenuhrturm

Woody Sullivan am Binger Sonnenuhrturm

Wooddruff T. Sullivan, III ist Professor für Astronomie und Geschichte an der University of Washington in Seattle. Auf seiner Visitenkarte ist eine ganze Spalte mit Berufen gefüllt, denen er sonst noch nachgeht: Angefangen von Astrobiologist über Gnomonicist, Science Historian, ETI Searcher, Outfielder, Logolator, Cyclist, Barbaraphile, Sexagenarian, Sublunarian bis zum Eukaryote. Entsprechend interessant fiel sein Besuch am 20.9.2008 bei uns aus.

Wir begannen mit der Besichtigung unseres Auststellungsraums und der Werkstatt in Wiesbaden-Erbenheim. Sonnenuhren sind Woodys großes Steckenpferd (Gnomonist steht ja schon an zweiter Stelle in seiner Berufsliste), dementsprechend war sein Interesse an unseren Sonnenuhren groß. Er hinterfragte alles ganz genau und interessierte sich besonders für die Fertigung. Die Laseranlage der HELIOS Sonnenuhr führte ich ihm daher mit detaillierten Erläuterungen vor. Auch wenn mein Schulenglisch nicht gerade das Beste ist, vollzog er alles blitzschnell nach.

Lichtpunkt unter der ÄquinoktiallinieDer Binger Sonnenuhrturm stand natürlich auch auf unserem Besuchsplan. Leider schien die Sonne nur ganz kurz, immerhin Zeit genug, um den wandernden Lichtpunkt auf der Nordseite des Sonnenuhrturms zu fotografieren. Zwei Tage vor Herbstanfang bewegte er sich noch deutlich unterhalb der Äquinoktiallinie. Mainz war die dritte Station, dort schauten wir bei der Bernhardt'schen Walze vorbei und besuchten die berühmte römische Himmelskugel im Römisch-Germanischen Museum. Noch ein anderes Exponat erfreute Woody, den Historiker und mich, den ICARUS Konstrukteur. Eine kleine Reisesonnenuhr aus der Römerzeit, die bereits erstaunlich weit entwickelt war. Auch eine schöne, kopfstehende Skaphe mit eingebauter Lochblende war ausgestellt. Bevor wir den Museumsbesuch antraten, aßen wir im Heilig-Geist. Dort erzählte mir Woody die sehr unterhaltsame Story von der Mars Dial, die seit 2004 auf dem Mars die Sonnenzeit anzeigt. Woody hat sie entworfen. Alles fing damit an, dass ein bekannter Fernsehmoderator einer wissenschaftlichen Sendung im amerikanischen Fernsehen auf die Idee kam, der Vorrichtung, die eigentlich nur für die Kalibrierung der Farben in der Sonne und im Schatten für die Kameraaufzeichnungen dienen sollte, eine zweite Funktion zu geben. "Das ist eine Sonnenuhr", sprach er, weil ihn die Grundplatte mit den konzentrisch angeordneten Farben und einem Stab zum Schattenwerfen in der Mitte an eine solche erinnerte. Seine Absicht war die Marsexpedition populärer zu machen und gab Woody den Auftrag, eine Sonnenuhr zu entwerfen, die auf dem Mars die Zeit anzeigen sollte. Das Motto war schnell gefunden: "Two Worlds, one Sun", die Realisierung dagegen alles andere als einfach. Nicht etwa, weil auf dem Mars eine Sonnenuhr anders funktioniert. Eigentlich könnte jeder, der sich etwas mit dem Bau von Sonnenuhren auskennt, eine solche für den Mars bauen. Sogar die Taglänge ist fast identisch und gerade mal 37min länger. Also einfach den Schattenstab parallel zur Marsachse ausrichten, die Stundenlinien zeichnen und fertig ist die Sonnenuhr. Doch genau darin lag das Problem. Es war noch nicht einmal bekannt, auf welchem Breitengrad des Mars die Sonde landen sollte. Auch das hätte nichts genützt, denn die Mars Dial, die ja gleichzeitig die Kalibrierungsvorrichtung für die Kameras war, würde sich auf dem Marsrover befinden, der ja ständig seinen Standort ändern sollte. Keine guten Voraussetzungen für eine Sonnenuhr. Woody Sullivan und sein Team fanden die Lösung des Problems! Da die Sonnenuhr sowieso nur über die Kameras sichtbar ist, warum nicht die Stundenlinien einfach superponieren, also für den Standort berechnen und in das Bild einblenden. Bleibt nur noch die Frage: woher kenne ich denn die aktuelle Position und Ausrichtung des Marsrovers zur Sonne. Antwort: Ich messe die Sonnenposition, in dem ich sie mit einer Kamera suche und daraus die Koordinaten bestimme.    Mehr über Woody Sullivan und seine Projekte auf seiner Website

Die Mars Sonnenuhr

Die Mars Sonnenuhr

Marsrover Opportunity mit Marsdial. Haben Sie die Sonnenuhr gefunden?

Marsrover Opportunity mit Marsdial. Haben Sie die Sonnenuhr gefunden?

 

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Kommentare

Auf dem Mars eine Sonnenuhr zu platzieren, ist wirklich eine gute Idee. Selbst wenn das Marsauto irgendwann den Geist aufgibt, die Sonnenuhr wird weiter funktionieren, auch ohne Elektronik. Interessante Story!

Den Bericht fand ich so spannend aber auf dem Foto konnte ich die Sonnenuhr leider nicht eindeutig erkennen. Also machte ich mich selbst über Google Earth auf die Suche... schaltet man auf die Ansicht "Mars" um und sucht nach dem "Spirit Rover" am "Bonneville Crater" findet man ein super Foto der Mars-Sonnenuhr im Einsatz.Sonnenuhr auf dem Mars

Auf die Idee zu kommen, auf dem Mars eine Sonnenuhr zu platzieren, würde ich einfach nicht kommen. Klasse und interessant zugleich! Auch wenn die Forschungen weiterführen, sind das Weltall und fremde Planeten immer noch eine Welt, die man sich nicht vorstellen kann und weitab der Erde auch nicht zu greifen vermag. Solch innovative Ideen sind eine Möglichkeit, etwas mehr Licht in die dunkle Ungewissheit zu geben.

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