Arnold Zenkert am 13. Mai 2010

Arnold Zenkert, der bekannte Autor des Buches "Faszination Sonnenuhr", das mittlerweile zum Standardwerk des Sonnenuhrfreunds anvanciert ist, schreibt für unseren Blog:

Ein Hobby kannte man in den 1930er Jahren noch nicht. Man hatte ein Steckenpferd, eine Lieblingsbeschäftigung oder eine "verrückte Idee". Oft wird man gefragt, wie man dazu kam, bereits als Schüler sich mit irgendwelchen Dingen näher zu befassen und davon einfach nicht mehr los zu kommen. Für Mancheinen wurde daraus der Beruf. Oft war es ein Buch, ein Denkanstoß durch den Lehrer, ein Mitschüler, ein Erlebnis. Oft kann man es auch nicht mehr nachvollziehen. So habe ich mich gefragt, wie ich zu den Sonnenuhren gekommen bin. In meiner 5000 Einwohner zählenden nordböhmischen Kleinstadt mit ihrer weltbekannten Glasindustrie stand eine prachtvolle 1720 erbaute barocke Kirche mit einer großen, schmucklosen Sonnenuhr mit römischen Ziffern.

Mein täglicher Schulweg führte daran vorbei und bei Sonnenschein fiel mein Blick immer auf die Sonnenuhr. Als ich etwa 13 Jahre alt war, bemerkte ich mitunter kleine Zeitabweichungen zu dem Signal, das der "Schuldiener" (heute Hausmeister) immer 5 Minuten vor Schulbeginn mit seiner großen Glocke gab. Von der Kirche bis zur Schule waren es knapp 100 m. Diese Differenzen beschäftigten mich immer wieder und so fragte ich schüchtern meinen Lehrer. Seine Antwort war kurz und bestimmend: "Sonnenuhren gehen falsch!" Damit hatte ich mich abzufinden, bis ich das Phänomen Zeitgleichung in der Literatur selbst erarbeitete und darüber Klarheit erlangen konnte. (Bemerkung: Was man oft hört: In Köln gehen die Sonnenuhren eine halbe Stunde falsch! - Wer gibt darauf eine ganz kurze, prägnante Antwort?)

Meine erste Sonnenfinsternisbeobachtung

Mit Spannung erwartete ich in meinem 13. Lebensjahr die partielle Sonnenfinsternis am 19. Juni 1936. Die Zeitungen verkündeten, dass die Sonne zu 70 Hundertstel verfinstert aufgehen wird. Die Vorfreude war groß und so wurde eine Glasplatte mut Ruß geschwärzt und der Wecker auf die frühe Morgenstunde gestellt. Es war ein wolkenloser Himmel und man konnte deutlich sehen, wie der Mond sich über die Sonne bewegte. Ich war tief beeindruckt, ging zur Schule und bemerkte, wie die Mitschüler in kleinen Gruppen beisammen standen und sich aufgeregt unterhielten. Klar, dass auch bei ihnen die Finsternis einen tiefen Eindruck hinterlassen hatte. So sprach ich auch über das Ereignis, bemerkte aber bald, dass es nicht um die Finsternis ging und ein Mitschüler mich ansah und sagte: "Geh Du, mit Deiner Sonnenfinsternis!" - - - Was war geschehen? Worüber unterhielt man sich so angeregt? - - - Max Schmeling war in der Nacht in New York Weltmeister geworden! Da stand ich nun mit meiner Finsternis ganz allein da und war sehr enttäuscht, dass niemand dieses Naturschauspiel miterlebt hat. (Bemerkung: Die folgende Finsternis in der Sarosperiode war am 30.6.1954. Die Sonne wurde im nördlichen Deutschland bis zu 95% verfinstert und konnte gut beobachtet werden. Die Totalitäszone ging durch Südschweden, wo es regnete)

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Kommentare

Sehr geehrter Herr Zenkert,
ja, so ist es mit der Begeisterung - die Begeisterung für dieses spannende Gebiet stößt nur allzu oft auf völlige Verständnislosigkeit.
Ihre "Faszination Sonnenuhr" war neben Loskes Buch ein wertvoller und hochgeschätzter Einstieg in diese Materie - vielen Dank dafür!

Sehr geehrter Herr Zenkert,

bewundere jeden Menschen der leidenschaftlich forscht und arbeitet, unabhängig vom jeweiligem ökonomischen Erfolg.
Toll! Bleiben Sie gesund, heiter und munter trotz alledem und alledem.

Ihr Sonnenfreund

Kurt-Dieter Jünger

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