Der Herder-Verlag hat seit 1808 seinen Standort in Freiburg im Breisgau und ist in der sechsten Generation in Familienbesitz. Das Ehepaar Elisabeth Herder und Dr. Theophil Herder-Dorneich hat  die Vaterunser-Kapelle gestiftet, die östlich von Freiburg, am Eingang des Ibentals (Buchenbach), erbaut und 1968 eingeweiht  wurde. Der Grundriss hat die Form eines Davidsterns. Dieses Sechseck bildet mit dem Altarzentrum unter dem Glockenturm und mit Darstellungen und Texten im Innenraum einen Bezug zu den sieben Schöpfungstagen sowie zu den sieben Vaterunser-Bitten.

Vor der Kapelle wurde eine Sonnenuhr (DGC 11659) aufgestellt. Kugel und Sockel aus Muschelkalk sind von Meisterschülern der Freiburger Schule für Bildhauer und Steinmetze entworfen worden. Die Kugel hält  den Polstab, das vertikale Südzifferblatt ist auf einer Fläche des Sockels angebracht (47°58’N/7°59‘O). An Stundenlinien ist die wahre Ortszeit abzulesen, eine römische Zwölf markiert die Mittagsstunde. Tag- und Nachtgleichen werden auf einer Datumslinie angezeigt.

Die Tierkreiszeichen schlingen sich als Band um die Erdkugel.  Acht davon sind als Sternbildsymbole eingemeißelt, vier durch figürliche Darstellungen ersetzt und zwar Stier, Löwe, Adler (statt Skorpion) und Mensch (Wassermann). Diese vier gefiederten Wesen sind die Attribute der Evangelisten. Für deren Zuordnung gibt es unterschiedliche Deutungen. Eine Auslegung verbindet mit den Symbolen die Anfänge der Evangelien:  Markus schreibt vom Rufer in der Wüste und erhält den Löwen als Wüstentier. Das Matthäus-Evangelium beginnt mit dem menschlichen Stammbaum Jesu, also wird diesem Evangelisten der gefiederte Mensch zugeordnet. Der Stier ist ein Opfertier und deshalb Attribut des Lukas, der seinen Bericht mit dem Opfer des Zacharias im Tempel anfängt. Johannes schließlich  ist der Adler zugeteilt, da seine Schriften spirituell gleichsam einen Höhenflug darstellen.

Eine andere Zuordnung der gefiederten Wesen sieht sie im Zusammenhang mit den wichtigsten Heilsereignissen im Leben Jesu:
der Mensch steht für die Geburt,
der Stier für den Opfertod,
der Löwe für die Auferstehung,
der Adler für die Himmelfahrt.

Der Löwe erschließt sich nicht auf den ersten Blick als Auferstehungs-Symbol . Im Physiologus, einer frühchristlichen Deutung der Natur, ist nachzulesen: „... Wenn die Löwin das Junge gebiert, so gebiert sie es tot und wacht bei der Leiche, bis der Vater kommt am dritten Tag, ihm ins Gesicht bläst und es weckt. So hat auch unser Gott, der Allherrscher, ... am dritten Tage seinen erstgeborenen Sohn ..... von den Toten auferweckt.“ Von dieser Auffassung zeugen mittelalterliche Kreuzigungsdarstellungen, auf denen wir zu Füßen Christi einen Löwen mit seinen Jungen sehen.

Die drei freien Sockelflächen der Sonnenuhr tragen folgenden Spruch:

DU MENSCH, SPRACHE GOTTES,

GLEICHE DER SONNE

RUH IN DER MITTE DEINER BEWEGUNG

Der etwas verschlüsselt formulierte Text soll für die Vorüber-gehenden vielleicht Anstoß sein, innezuhalten im hektischen Kreisen und sich auf die ruhende Mitte des eigenen Lebens zu besinnen.