Michael Deiwick am 5. Oktober 2016

Wandsonnenuhr SCALA dibond in Peru

Bild 1: Wandsonnenuhr SCALA dibond zum Frühlingsäquinoktium am 22.9.2016 in Peru.

Als Spanien in den Zeiten der Reformation unter dem Habsburger Karl V. , getrieben von seiner unersättlichen Gier nach Gold und der vorgeblichen Absicht, den katholischen Glauben zu verbreiten, Peru 1532 mit Feuer und Schwert eroberte, zwang es dem Land  seine Vorstellung von Städtebau und Lebensweise auf. So entstanden durchaus beachtliche Kathedralen, Kirchen und Paläste, denen eines gemeinsam ist:

Ihnen fehlt, was vor allem im Süden Deutschlands und Europas üblich war und zivilisatorisch für Handel und Wandel als notwendig erachtet wurde, nämlich Sonnenuhren zur Bestimmung der jeweiligen Ortszeit. So gab es bis heute (abgesehen von einem kunstvoll behauenen Steinblock aus Inkazeiten in Machu Picchu,  den Esoteriker, aber auch einige Archäologen als Sonnenuhr deuten) in ganz Peru keine reale Sonnenuhr. Immerhin findet sich im Kloster Santa Catalina in Arequipa ein barockes Wandgemälde, in dem eine europäische Sonnenuhr dargestellt wird, die der einheimische Künstler wohl nur durch Erzählungen gekannt haben muss.

Da meine aus Arequipa stammende Frau und ich einen Teil des Jahres in dieser Stadt im Süden des Landes, in der die Sonne das ganze Jahr etwa 12 Stunden am Tag scheint und es nur im Januar/ Februar regnet, leben, bat ich Herrn Dr. Heller, für uns und unser Haus hier umfassende „Entwicklungshilfe “ zu leisten und vertikale Sonnenuhren zu berechnen und um Tabellen für die tägliche Abweichung von der peruanischen Normalzeit.

Darum gebeten und von Herrn Dr. Heller gern getan. Also entstanden –gedacht für zwei rechtwinklige besonnte Terrassenwände -  eine Vetro für die Zeit von Sonnenaufgang bis Mittag und eine Scala dibond für mittags bis Sonnenuntergang , sowie eine für unsere Nachbarn und Passanten sichtbare Aequinox auf dem Flachdach. Unter der Vetro und Scala dibond befinden sich auf Tafeln aus Glas und dibond, die die täglichen Zeitabweichungen sowie eine Anweisung zur Umrechnung der wahren Ortszeit wiedergeben.

Die Ankunft der drei Sonnenuhren aus Deutschland in Lima und danach Arequipa führte bei den Zoll- und Sicherheitsbeamten zu Irritationen, denn diese Umrisse auf dem Durchleuchtungsbildschirm waren für sie fremd und befremdlich. Fremd war ihnen auch unsere Erklärung, es handele sich um „relojes de sol“ , aber sie glaubten uns und das Sondergepäck musste nicht geöffnet werden.

Die Anbringung der Uhren gestaltete sich unkompliziert, wobei die „schwingenden“ Aufhängungen der Vetro und der Scala dibond wie für diese erdbebengeplagte Stadt erdacht erscheinen.
Kompliziert war es allerdings, unserer Familie und den Freunden das Prinzip der Sonnenuhren und das der Umrechnung nach den taggenauen Tabellen zu erklären. Aber der bloße Hinweis darauf, Peru und New York lägen in derselben willkürlichen Zeitzone ( UTC -5 ) und die Sonne weise wegen der erheblichen geographischen Ortsverschiedenheit verschiedene Sonnenstände auf, überzeugte. Die Verwunderung aber blieb.

Schließlich gewöhnten meine Frau und ich uns daran, nach dem Aufstehen die Zeitabweichung von der PET auf den Berechnungstafeln abzulesen und die „Armbanduhrenzeit“ nach der wahren Ortszeit zu berechnen.

Und siehe:
Es war einfach und genau, denn wir haben keinen Termin versäumt und waren stets pünktlich.
Selbstironisch formuliert: Deutsch eben.

MIchael Deiwick

Aequinox kurz vor dem Frühlingsäqunoktium

Bild 2: Noch steht die Sonne nördlich des Himmelsäquators: Die äquatoriale Sonnenuhr Aequinox wenige Tage, bevor die Sonne den Himmelsäquator von Norden nach Süden überquert, dem Frühlingsbeginn in der südlichen Hemisphäre.

Äquatoriale Sonnenuhr in Peru

Bild 3: Blick von der Straße zur Aequinox auf dem Dach.


Bild 4: Ein für Europäer ungewohntes Bild einer Wandsonnenuhr: Die SCALA dibond in den Tropen mit nahezu waagrechtem Schattenwerfer und steil aufsteigenden Datumslinien. Aus der Tabelle kann man die tägliche Differenz der Peruanischen Normalzeit (PET) zur wahren Ortszeit von Arequipa entnehmen.

Sonnenuhr VETRO in Peru

Bild 5: Die nordöstlich ausgerichtete Glassonnenuhr VETRO.

Bild 6: Peruanische Briefmarke mit Darstellung eines Sonnenobservartoriums der Inkas in der Ruinenstadt Machu Picchu.

Kommentare

Lieber Herr Deiwick,
zu den Sonnenuhren selbst muss man nicht viel sagen, denn Sie haben bewährt Bestes von Herrn Heller gekauft.
Sagen Sie doch bitte noch etwas zu den Platzierungen der Sonnenuhren. Ich möchte mich mit Hilfe Ihrer Bilder gelegentlich etwas weiter in die auf der Südhalbkugel umgekehrten Verhältnisse einüben.
In welche Richtung zeigen die Wände der beiden Wandsonnenuhren (Bild der zweiten Wandsonnenuhr ist noch wünschenswert)? Aus welcher Richtung sind die Fotos gemacht (auch der Sonnenuhr auf dem Dach)?
Ist Ihr Dach begehbar (wenigstens für Sie selbst, von unten und von den Nachbarn aus wirkt die Sonnenuhr sonst nur als Schmuck)?

mit freundlichen Grüßen
S.Wetzel

Sehr geehrter Herr Wetzel,
die SCALA dibond ist an einer nordwestlichen, die VETRO an einer nordöstlichen Wand angebracht ( ein Photo der VETRO wird nachgeliefert ).
Die Aufnahme der AEQUINOX erfolgte von NNW.
Zur AEQUINOX ( das Flachdach ist begehbar und könnte - würde die Sonne in Arequipa nicht so intensiv scheinen - auch als weitere Terrasse dienen ) gibt es die Besonderheit, dass der Schattenwerfer nach Süden zeigt und die Zeitskala mit umgekehrter Drehrichtung gegen den Uhrzeigersinn montiert ist.
In diesem Zusammenhang eine Bitte an Herrn Dr. Heller dahin, dass er die Besonderheiten von Sonnenuhren in der südlichen Hemisphäre darstellt und erläutert.

Sehr geehrter Herr Deiwick,
herzlichen Dank für Ihren hochinteressanten Artikel in unserem Sonnenuhren Blog.
Ihrer Bitte möchte ich gerne nachkommen:
In der südlichen Hemisphäre wandert die scheinbare Sonne zwar wie bei uns von Osten nach Westen, nur kulminiert sie im Norden statt im Süden. Daher bewegt sie sich von rechts nach links, also gegen den Uhrzeigersinn. Auf Ihrer äquatorialen Sonnenuhr Aequinox, deren Schattenstab zum südlichen Himmelspol zeigt, wandert der Schatten daher auch gegen den Uhrzeigersinn, wenn man aus Süden auf das oben liegende Zifferblatt schaut.
Auf einer horizontalen Sonnenuhr wären die Stunden auch gegen den Uhrzeigersinn anzufinden, aber Ihre vertikalen Wandsonnenuhren SCALA und VETRO haben widerum ein Zifferblatt im Uhrzeigersinn. Dies ist ein Vorteil gegenüber unseren Wandsonnenuhren, die mit Ihren Stunden gegen den Uhrzeigersinn bei Laien oft Verwirrung stiften.
Ihre Sonnenuhren haben noch eine weitere Besonderheit, nämlich ihre Position in den Tropen. Das hat zur Folge, dass ihre Schattenwerfer sich entsprechend der geografischen Breite gerade mal 16,4° über dem Horizont erheben, dafür zeigen das äquatoriale Zifferblatt der Aequinox und die Äquinoktiallinien auf den Wandsonnenuhren steil nach oben. Auch ein ungewohntes Bild für uns Europäer.
Mit freundlichen Grüßen
Carlo Heller

Im Oktober hatte ich - mal wieder - wenig Zeit. So überflog ich nur kurz die Überschrift und den Anfang des Berichtes. Der Text unter dem ersten Bild stach mir aber gleich ins Auge "Frühlingsäquinoktioum am 22. September" -das muss ja wohl ein Druckfehler sein.... Erst beim "richtigen" Lesen des Artikels merkte ich: Halt; hier sind wir ja auf der südlichen Halbkugel- also kein Druckfehler. Ich hatte einmal mehr gemerkt wie stark man doch "in Schablonen denkt". Den Bericht finde ich sehr gut, gerade wegen der anderen astronomischen Gegebenheiten. Auch der Hinweis auf die geologisch sehr unruhige Zone (pazifischer Feuerring...)erinnert uns daran dass in der Ferne manches anders ist als bei uns zu hause- nicht nur sonnenuhrenmäßig.

Nachtrag zu meinem Kommentar von vorhin:
Sehr geehrter Herr Deiwick
In Deutschland beträgt die maximale Sonnenhöhe ca. 67°. Da sie bei ihnen sogar den Zenit erreicht wäre es schön wenn sie uns einmal ein anschauliches Schattenbild- Foto zusenden würden auf dem die Sonne diese Maximalhöhe erreicht hat. Herr Heller wird dies sicherlich gerne hier im Sonnenuhrenblog veröffentlichen.
Viele Grüße aus den derzeit kalten nördlichen Breiten.
Harald Grenzhäuser - Sonnenuhrenfreund.

Sehr geehrter Herr Grenzhäuser,
auch meine Frau und ich haben den Winter ( leider ) in Deutschland verbracht und fliegen erst Mitte Mai 2017 wieder nach Peru.
Wie immer mit Übergepäck und zwei weiteren Sonnenuhren von Herrn Dr. Heller, nämlich einer POLARIS XXL 350mm und - wie könnte es anders sein - einer CHRONOS.
Und nach unserer Rückkehr liefere ich neben einem Photo der barocken Sonnenuhrmalerei im Kloster Santa Catalina die " Schattenbilder " nach.
Herzliche Grüsse eines Sonnenuhrlaien an den Sonnenuhrfreund.
Michael Deiwick

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