Udo Petri am 8. März 2020

 

vertikale Doppel-Sonnenuhr in Wehen

 

Lesen Sie den interessanten Beitrag von Udo Petri über seine vertikale Doppel-Sonnenuhr: Werdegang einer Doppel-Sonnenuhr.pdf

Kommentare

Tolle Idee und wunderschöne Realisierung. Sie können stolz auf ihr technisches Geschick/Fähigkeit und den Mut es letztendlich in die Profihände von Dr. Heller gegeben zu haben.
Wir haben bereits etliche Sonnenuhren von ihm erworben und seinen showroom in Wiesbaden besucht. Glückwunsch!

Lieber Herr Petri,
zunächst gratuliere ich zu diesem Präzisionswerk! Es ist für den Konstrukteur einer Doppelsonnenuhr (oder überhaupt einer Vielflächner-Uhr) immer eine ganz besondere Herausforderung, um nicht zu sagen "gefährlich", diese nicht nur exakt zu berechnen, sondern auch entsprechend genau zu montieren. Denn es gibt hier ein längeres Zeitintervall, in dem beide Zifferblätter von der Sonne beschienen werden, und dann kommt es zur Offenbarung: Beide müssen gleichzeitig die gleiche Zeit anzeigen. Deshalb war es richtig, für ein solches Projekt einen erfahrenen Experten heranzuziehen.
Im zentralen Archiv des Fachkreises Sonnenuhren in der Deutschen Gesellschaft für Chronometrie (DGC) habe ich Ihre Doppelsonnenuhr nun unter der Registriernummer DGC 18997 aufgenommen.
Mit gnomonischen und sonnigen Grüßen - Willy Bachmann

Hallo, - sehr geehrter Herr Petri
Herzlichen Glückwunsch zu dieser schönen Doppelsonnenuhr - hätten beide Sonnenuhren einen gemeinsamen Polstab würde man sie als Ecksonnenuhr bezeichnen.
Dass Sie im Nachhinein nur die „zu geringe Zifferblattgröße“ stört, zeigt, dass sie bei diesem Projekt vieles richtig gemacht haben:
Die („grobe“ Bezeichnung) Südwanduhr ist eine klassische Polstabsonnenuhr. Die Richtung des schmalen Stabschattens zeigt die Uhrzeit, während seine Länge grob der Sonnenhöhe entspricht.
Das „dicke Ende“ des Stabs, - also die kleine Kugel-erzeugt einen auffälligen Schattenkreis.
Er markiert auf der Zifferblattfläche Datum und Uhrzeit. Wahrscheinlich wird man hier aber unbewusst zum Ablesen der Uhrzeit, die genauere Anzeige, -den schmalen Schattenstrich- wählen.

Bei der Ostwanduhr wäre ein Polstab unzweckmäßig, da er fast parallel zur Wand verlaufen würde. D.h. Er wäre an einem Abstandhalter montiert, und dieser würde eine eigene Schattenlinie auf das Zifferblatt werfen. Bei mehreren Schattenstrichen auf dem Zifferblatt entsteht die Frage: „Welcher Schatten zeigt denn nun die Uhrzeit an? Um solche Zweifel zu vermeiden kommt hier das Prinzip eines punktförmigen Schattenwerfers zur Anwendung: Nur der von der Kugel erzeugte dicke Schattenpunkt ist maßgeblich, der dünne Schattenstrich des Kugelhalters hat keine Bedeutung. Weil er – wie auf dem Foto sichtbar- fast rechtwinklig zu den Stundenmarken verläuft, sind Fehldeutungen „ praktisch“ ausgeschlossen.
Die gewählte Schattenstabhalterung in Form einer kompakten „Kugelklemmvorrichtung“, ermöglicht auf geniale Weise ein einfaches Ausrichten des Polstabes. – Dieses System erfordert zwar präzise gefertigte Bauteile (mittels Drehbank), hat sich in der Praxis aber bestens bewährt.
Da die Zifferblätter auf die Rückseiten von Glasplatten eingearbeitet sind, ist deren Reinigung- trotz größerer der Höhe- recht unproblematisch. Außer einem minimalen Ausbleichen der Farbe tritt auch nach vielen Jahren (fast) keine Verwitterung auf. Weil die übrigen Sonnenuhrbauteile aus Edelstahl gefertigt sind, braucht man auch keine Korrosionsschäden zu befürchten.
Also auch später: keine rostbraune Streifen auf der Wand.

Dr. Carlo Heller mit der fachlichen Beratung und der Fertigung zu betrauen war eine gute Entscheidung. - z.B. hätten sie als Laie gewiss nicht an die Folgen der Lichtbrechung in der Zifferblatt- Glasplatte gedacht… - er ist halt ein erfahrener Praktiker.
Für die Vermeidung von Kältebrücken ist die hier gewählte nachjustierbare! Zifferblattbefestigung die optimale Lösung. Das wird sich auch zeigen wenn in einigen Jahren die Sonnenuhren zur Erneuerung der Wandanstriche vorübergehend abgenommen werden müssen.
(Heute „überleben“ viele Polstabwandsonnenuhren die Wärmedämmungen der Hausfasaden nicht, weil den Handwerkern für das richtige Ausrichten der Schattenwerfer meist das Fachwissen fehlt. – Das bloße Anbringen der Ziffern und Stundenmarken mittels der „Markierungsmethode“ würde allerdings auch große gnomonische Kenntnisse im Sommerhalbjahr passabel gelingen.)
Das Foto zeigt, dass das Hausdach auf der Süd-Südwestwand nur gering übersteht. Dadurch reicht selbst im Hochsommer der Dachschatten nicht bis zur Sonnenuhr. -Wesentlich höher hätte man sie aber nicht montieren dürfen.
Dass die Ostwandsonnenuhr bei hohem Sonnenstand zeitweise vom Dach beschattet wird, ist an dieser Stelle unvermeidlich- aber akzeptabel.

Die Gestaltung der Zifferblätter empfinde ich als gut gelungen:
Auf dem Zifferblatt der Ostuhr bietet sich der Platz links unten geradezu für das Diagramm der Zeitgleichung an. Auch die Standortkoordinaten, der Ortsname und die „Uhrzeitart“ passen rechts oben prima ins Gesamtbild.

Indem man auf dem Südwandzifferblatt „eine Erklärung“ in Reim form angebracht hat,
wurde aus dem Sonnenuhrenspruch eine Gebrauchsanweisung – tolle Idee!

Das Foto zeigt, dass das Haus nicht direkt an den öffentlichen Verkehrsraum angrenzt,
und dadurch einigermaßen vor Vandalismus und Grafits geschützt ist.
An öffentlich zugänglichen Bereichen lassen sich Sonnenuhren am besten
durch große Montagehöhen vor mutwilligen Beschädigungen bewahren.
Problem:
Eine Sonnenuhr ist ein „zerbrechliches“ Zeitmessinstrument, für dessen Errichtung Fachkenntnisse und Fertigkeiten erforderlich sind. Weil es einigen Zeitgenossen an Beidem fehlt, leiden sie unter
Frust und Wut, die Sonnenuhr stellt eine Provokation dar. So bleibt ihnen nur das Erfolgserlebnis der Zerstörung, - denn dafür reichen ihre bescheidenen Fähigkeiten.

Letzter Punkt, mit einem Ratschlag an alle Sonnenuhrenplaner:

Wenn die Stelle der zukünftigen Wandsonnenuhr im Groben festgelegt ist, fotografiert man bei Sonnenschein die betreffende Wand aus verschiedenen Richtungen, Einstellungen und bei unterschiedlichen Uhrzeiten.
Wahrscheinlich erkennt man dabei schon einige Vor- und Nachteile des SU-Standortes.
Die Richtung des Wandverlaufs bestimmt logischerweise ihre Besonnungszeit, und damit die Richtung des Schattenwerfers und die Lage der Zeitmarken.
Besonders die Fremdschatten durch andere Gebäudeteile, Dachüberstände, Bäume usw. werden bei einer gewissenhaften „Vorerkundung“ auffallen.
(Man beachte, dass die Mittagsonnenhöhe im Jahresverlauf um 2*23,5° =47°! schwankt- ein beachtlicher Wert! Die Details sind der Fachliteratur zu entnehmen, oder man erbittet sich den Rat eines Fachmanns z.B. bei der Fa. Helios.)
Dann druckt man die Fotos mindestens auf DIN A 4 Größe aus.
Nachdem das anschaulichste Bild ausgesucht ist, legt man eine durchsichtige Folie auf das Foto, fixiert es dort behelfsmäßig, und zeichnet das berechnete SU- Zifferblatt maßstabgetreu zum Foto auf die Folie. Anschließend wird die Folie so verschoben bis die zukünftige Sonnenuhr in ihrer optimalen Position steht.
(Mit diesem Verfahren wurden mir schon etliche Probleme bewusst.)
Wahrscheinlich wird man etliche Zifferblätter in den verschiedensten Formen und Größen zeichnen müssen. Es folgt die „Qual der Wahl“- meistens im großen Familienrat…
Generell sollte man sich mit der sorgfältigen Planung Zeit lassen, denn das was man hier übersieht, ist später meist nur sehr schwer zu korrigieren.
Wenn,- wie in dem Fall hier,- .sogar ein großer Zifferblattausdruck im Maßstab 1:1 vorliegt, heftet man dieses „Musterzifferblatt“ zweckmäßigerweise behelfsmäßig an die geplante Sonnenuhrenstelle und betrachtet das Ganze ausgiebig aus verschiedenen Abständen und Blickwinkeln.
Man sollte es auch fotografieren und die Bilder Freunden (und ggf. Carlo Heller)
zur „Begutachtung vorlegen; - getreu dem Motto: „4 Augen sehen mehr als 2 Augen“.

So bleibt mir nur, Ihnen viele sonnige Stunden mit ihren schönen stillen Zeitmessern zu wünschen.
Herzliche Grüße HG.

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